Von der Einsamkeit des Klassenzimmers II

21.02.2021

Wechselunterricht aus Schülersicht

Statt quirligem Schulalltag ist plötzlich Stille. Normal lernen rund 1000 Schüler am Joseph-von-Fraunhofer-Gymnasium in Cham für ihr Abitur. Doch das pralle Schulleben schweigt. Nur die Q12 ist im Haus und bereitet sich auf das Abitur vor. Maja Schoplocher ist eine davon. Die Schülerin berichtet vom neuen, gespenstischen Schulalltag. Es beginnt schon auf dem Schulweg, vom Parkhaus in das Kollegstufenzimmer. Ich bin seit Neuestem fast immer allein. Früher – wer hätte gedacht, dass ich mit meinen gerade mal 18 Jahren das sage – musste ich da schon den ersten Maristenjungs oder anderen Schülern ausweichen, die es witzig fanden, den gesamten Gehsteig zu belagern – warum auch immer.

Der Alltag im Februar 2021 ist ein anderer: Vereinzelt taucht der ein oder andere Mitschüler auf, aber das ist eher die Ausnahme, von den Realschülern fehlt jede Spur. Im KS-Zimmer (für Kollegstufe, ein in „normalen“ Zeiten geliebter und als ebensolcher propagierter Rückzugsort) ist es auch nicht mehr so wie in meinem ersten Halbjahr, als aus jeder Ecke ein Lachen kam und das Zimmer voller Leben sprühte. Jetzt gehe ich von einem menschenverlassenen Flur auf meinen Platz auf der Couch, mache Hausaufgaben (ich weiß, aber irgendwie muss ich die Zeit doch nutzen), und warte auf den Gong.

Die meisten Klassenzimmer sind verwaist ...
Die meisten Klassenzimmer sind verwaist ...

Der Unterricht ist glücklicherweise meist wie immer. Mit der Ausnahme, dass wir in den vergangenen Wochen in meinem Lateinkurs nur zu viert waren. Wenn zwei davon die Hausaufgaben nicht haben, kommt man dann natürlich gefühlt die ganze Zeit dran. Miese Brise. Ich bin jemand, der immer ein außerschulisches Buch dabei hat. Denn man weiß nie, wann man es braucht. Aber ich glaube, seit Januar habe ich in der Schule so viel gelesen wie nie zuvor. Weil meine Freunde zum Großteil in der anderen Gruppe oder in anderen Kursen sind. Und Löcher in die Luft starren kann ich während des Unterrichts lange genug. In meinen Freistunden hole ich mir immer einen Kaffee, wenigstens ein Ritual, das noch funktioniert. Eines der wenigen Dinge, die mir ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Unter der Maske. Davon habe ich immer zwei dabei. Denn beim Bäcker braucht man FFP2, in der Schule trage ich aber eine „einfache“. Wenn ich zurück in den Unterricht gehe (und auch eigentlich sonst immer!), sind die Gänge vollkommen leer. Im Erdgeschoss, in dem die „Fünftis“ hausen, und ich normalerweise fünf Minuten brauche (dabei spielt meine geringe Körpergröße oft eine kleine Rolle), um mich durchzukämpfen, bin ich früher, nach undenkbar sensationellen 30 Sekunden, am anderen Ende des Flurs. Weil niemand im Weg ist. Verrückt. Das Einzige, was noch zum Großteil besteht, sind die vier Wände, die um die Schule gebaut sind. Aber der Inhalt fehlt. Irgendwie.

Bald kommt der Frühling

Ich weiß nicht, woran es liegt, aber wenn ich nach Hause gehe, bin ich seit diesem Virus oft unheimlich müde. Ich fühle mich ausgelaugt. Nicht diese schöne Art von Erschöpftsein, wenn man weiß, dass man etwas geleistet hat. Sondern die andere Art. Das Schulleben macht nicht mehr so viel Spaß wie früher. Meine Lehrer trifft dabei aber kein bisschen Schuld. Sie geben sich wirklich jeden verflixten Tag die Mühe, das Beste aus den oftmals fragwürdigen Regeln zu machen. Und ohne sie würde der Laden gar nicht mehr laufen. Das wird vielleicht manchmal vergessen. Ich glaube, mir zeigt diese Situation, dass es im Leben nicht alleine geht. Dass man Menschen braucht, auch wenn sie nur um einen herumwuseln. Dass Isolation zur Zeit vielleicht wichtig ist, aber nicht guttut und auf Dauer wirklich ermüdend und frustrierend ist.

Trotzdem blicke ich zuversichtlich in die Zukunft. Denn wir haben diesen Lockdown und Monate ohne andere Schüler schon im vergangenen Jahr gemeistert. Und bald kommt der Frühling und der Sommer: Dann sieht man bestimmt wieder kleine „Fünftis“ im Pausenhof rennen und gestresste Elftklässler kurz auf knapp durch die Gänge schlendern. Vielleicht erinnern sich dann alle daran, wie schön ein lebendiges Schulhaus ist, mit einem Lachen in jedem verborgenen Winkel. Und vielleicht lächle ich deshalb am Ende meiner Schulzeit. Wenn ich ein letztes Mal die Sonne auf meinem Gesicht spüre, während ich aus dem Schulhaus trete.


Maja Schoplocher

Joseph-von-Fraunhofer-Gymnasium

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